Fachsprachen haben es an sich, dass sie von nicht Eingeweihten nur schwer verstanden werden. Das gilt auch für den Mediziner-Jargon, ein Thema, das mich speziell interessiert, weil Verständigungsschwierigkeiten hier besonders belastend sein können. Die medizinische Fachsprache ist vor allem deshalb für Laien schwer verständlich, weil sie voll von Fremdwörtern ist. Da kann ein überraschendes deutsches Wort einschlagen wie eine Bombe, was mir (wie hier berichtet) vor einigen Monaten geschah, als ich medizinische Texte überarbeitete. Nun wurde ich darauf aufmerksam gemacht (herzlichen Dank Rahel!), dass es neben dem dort entdeckten Vernichtungsschmerz auch den so genannten Durchbruchschmerz gibt. palliative ch, die Zeitschrift der Schweizerischen Gesellschaft für Palliative Medizin, Pflege und Begleitung, behandelt dieses Thema in ihrer Frühlingsausgabe. Durchbruchschmerz wird dort definiert als
… ein vorübergehender, starker Schmerzanstieg bei sonst gut kotrolliertem Basisschmerz.
Die Art, wie der Artikel formuliert ist, lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Fachartikel handelt. Da heisst es zum Beispiel:
Qualität und Ursprung: Einfach oder gemischt neuropathisch, nozizeptiv, somatisch oder viszeral (kolikartig oder nicht kolikartig).
Und im Zentrum dieses für mich schwer zugänglichen Textes steht nun ein sehr deutsches, handfestes, überhaupt nicht gebildet klingendes Wort. Durchbruchschmerz. Ich frage mich: Warum? Sicher hätte ein Arzt einen angemessenen lateinisch- oder griechischstämmigen Begriff gefunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Durchbruchschmerz eine Notlösung ist. Aber vielleicht war denen, die diesen Begriff installiert haben, auch klar, dass kein Fremdwort einen Deutsch sprechenden Menschen spüren lassen kann, was er spürt, wenn er Durchbruchschmerz oder Vernichtungsschmerz hört. Ob mit der Wahl des Fachbegriffes dieser Effekt beabsichtigt wurde? Ich weiss es nicht, könnte es mir aber vorstellen. Schliesslich geht es um Kommunikation, darum, etwas zu vermitteln. Und dabei kommt nicht nur das Hirn als Empfangsorgan zum Einsatz, sondern auch der Bauch. Warum sollte er da nicht gezielt angesprochen werden, um eine Botschaft nicht nur verständlich, sondern eben spürbar zu machen?
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