Dann mal weiter. (Und wer sich jetzt fragt: „weiter woher?“, der nehme doch hier noch einen Anlauf ins Thema.)
Rhetorik löst den Theorie-Praxis-Krampf
Manchmal wird heftig über den scheinbaren Gegensatz von Theorie und Praxis gestritten. Als liesse sich das eine durch das andere aushebeln. Doch Theorie ohne Praxis oder Praxis ohne Theorie ist wie Schach auf den schwarzen Feldern allein (oder auf den weissen, je nach Vorliebe). Die Rhetorik löst diesen Krampf, da sie aus der Praxis entstand (die Menschen haben geredet, bevor sie sich Gedanken über dieses Reden gemacht haben), diese Praxis dann aber theoretisch reflektierte, die Reflexion wieder zur Praxis führte, die wiederum theoretisch… Und so geht das auch heute noch.
Rhetorik fördert die Disziplin
Vorbei sind die Zeiten, in denen ich mir sagen konnte: „Das geht dann schon irgendwie. Da improvisiere ich. Dazu fällt mir schon spontan ein Argument oder ein bildhafter Vergleich ein.“ Wer rhetorisch arbeitet, muss seriös arbeiten, sich also gründlich vorbereiten. Die rhetorischen Werkzeuge unterstützen mich dabei, indem sie mir helfen, die investierte Zeit optimal zu nützen. Wer rhetorisch vorgeht, der weiss, was er in seinen Vorbereitungen zu tun hat und weshalb er es tut.
Rhetorik ist eine Charakterschule
Wer Disziplin lernt und übt, stärkt seinen Charakter. Die Rhetorik jedoch verlangt noch mehr vom Redner, indem sie ihm immer wieder den Spiegel vorhält und fragt: „Bist das wirklich Du?“ Schon seit 2’400 Jahren kennt die Rhetorik das Ideal des sittlich-moralischen und gebildeten Redners. Wer weiss, wie er zu reden hat, um zu überzeugen, der soll das gefälligst in einer aufrichtigen und authentischen Art tun und ehrlich bleiben.
Rhetorik ist mentale Selbstverteidigung
Eine der schmerzhaftesten Verkürzungen im modernen Verständnis der Rhetorik ist wohl die Meinung, dass wir es hier mit einer Einbahnstrasse zu tun haben. Doch Rhetorik funktioniert in zwei Richtungen, und in ihren Anfängen war das auch sonnenklar. Wer weiss, wie er zu reden und zu argumentieren hat, der ist auch fähig, das Reden und Argumentieren anderer zu durchschauen. Das ist, wie wenn der Uhrmacher für den Batteriewechsel den Deckel meiner Uhr aufspringen lässt und mein Blick all die tickenden und schwirrenden und pendelnden Rädchen und Winkelchen erfasst.
Und zusammenfassend:
Rhetorik ist eine Denkschule
Sie fordert und fördert
- das kreative Denken,
- das strukturierte (und strukturierende) Denken,
- das kritische Denken.
Und wer entweder keine Zeit oder keine Lust oder weder noch hat, sich mit schweren Büchern ein umfassenderes Verständnis von Rhetorik anzueignen, kann dasselbe Ziel in leicht verdaubaren Happen erreichen. Zum Beispiel durch die Lektüre dieses Blogs. Die in der Kategorie Rhetorik veröffentlichten Artikel können ein guter Einstieg sein. Und wer gar nichts mehr verpassen will, kann hier den RSS-Feed abonnieren oder sich neue Artikel per E-Mail zuschicken lassen.
Auf bald!
Schreibe einen Kommentar