Du hast leicht reden, du kannst ja auch zeichnen!
Diesen Einwand höre ich regelmässig, wenn ich wie im letzten Artikel die Vorherrschaft der Flipchart über Powerpoint und andere elektronische Rednerstützen vertrete.
Er kommt – natürlich – von Menschen, die glauben, nicht zeichnen zu können. Oder, noch etwas kürzer gesagt,
von Menschen, die nicht zeichnen.
Wenn ich also heute von Zeichnern und Nicht-Zeichnern erzähle (obwohl es mir grausam gegen den Strich geht), dann meine ich damit Menschen, die zeichnen und solche die es nicht (oder kaum) tun.
Eine Unterscheidung zwischen Menschen, die zeichnen können und solchen, die es nicht können, hat meines Erachtens vor der Flipchart nichts verloren und gehört in Kunstgalerien oder Museen, wo sie durchaus ihre Berechtigung hat.
An der Flipchart aber ist alles viel einfacher als im Museum. Und das muss es ja auch sein, darum geht es ja. Dafür ist die Flipchart da: Sie zwingt uns dazu und hilft uns dabei, Dinge zu verdichten und auf den Punkt zu bringen. Mit Wörtern und Zeichnungen. Das sind die Grundbausteine einer Visualisierung, an der Flipchart oder anderswo.
Heute geht es um Zeichnungen.
Grundsätzliche Vorbereitung: einfache Zeichenbausteine
Es gibt Bausteine der Visualiserung, die zum Grundlagenrepertoire gehören. Menschen, zum Beispiel. Oder Bäume. Und Häuser. Und vielleicht auch Autos. Und dann gehören auch Symbole dazu: Pfeile, Kreise, Kästchen, Rahmen.
Wer an der Flipchart visualisiert, sollte solche Standardelemente abrufbereit haben. Dazu muss er sie zunächst entwickeln (oder noch besser: einfach irgendwo abzeichnen) und dann in der Werkzeugkiste deponieren (bildlich gesprochen, versteht sich). Dieses Deponieren geschieht durch wiederholtes Üben, bis eine Form sitzt.
In der Entwicklung von Flipchartfiguren gibt es kein Richtig oder Falsch. Eine Flipchartform sollte einfach nur einfach sein (damit sie einfach zu zeichnen ist) und einfach erkennbar. (Die Illustration zu diesem Artikel zeigt einige Beispiele.) Was darüber hinausgeht, ist individuelle Entscheidung des Zeichners. Eine Person zum Beispiel kann ich auf ganz verschiedenen Arten darstellen, Strichmännchen oder Kugelmännchen, ganz egal. Bäume werden in der Regel aus einem Geäst (am einfachsten wohl eine Kugel- oder eine Wolkenform) und einem Stamm bestehen. Wenn es um Verwurzelung geht, deute ich noch die Wurzeln an, wenn die Früchte wichtig sind, kommen ein paar Kreise rein.
Ein hilfreiches Werkzeug für das Zusammenstellen und Trainieren solcher Basisbausteine ist der Bikablo von neuland. Er enthält zahlreiche Vorlagen für einfache Flipchartillustrationen. Dabei beschränkt er sich nicht auf gegenständliche Elemente, sondern visualisiert auch abstrakte Begriffe. Eine sehr empfehlenswerte Anschaffung, die ihren Preis wert ist. (Gerade sehe ich, dass der Bikablo bis 23. August 2011 zum Aktionspreis angeboten wird.)
Auch eine Bildsuche auf Google kann dabei helfen, den elementaren Formen auf die Spur zu kommen. Die Feineinstellungen Clipart oder Strichzeichnung (in der Randspalte links) stellen auf Mausklick recht gut brauchbare Vorlagen zusammen (die aber in der Regel noch weiter vereinfacht werden müssen).
Und ein besonders heisser Tipp: Die Bildsprache der unzähligen Piktogramme, auf die wir im Laufe eines ganz gewöhnlichen Tages stossen, bietet eine ausgezeichnete Grundlage für die Arbeit an der Flipchart. Dies deshalb, weil diese Symbole bei den Zuschauern bereits verankert sind. Eine Baustelle zeichnen? – Hilfe! – Aber ein Männchen, das eine Schaufel in eine Erdpyramide steckt, das ist zu schaffen. Vor allem, wenn ich das Piktogramm gleich als Vorlage nehme und einfach abzeichne, bis ich es abrufbereit im Griff habe.
Und schliesslich: Gerne entwickle ich für Sie/Dich ein Grundsortiment an Flipchartsymbolen (oder auch komplette Visualisierungen), die auf Ihre/Deine individuellen Bedürfnisse und Themen zugeschnitten und garantiert leicht einsetzbar sind – auch ohne Künstlergene.
Spezielle Vorbereitung: die individuelle Visualisierung
An der Flipchart zu zeichnen hat zunächst nichts mit Spontaneität und vielseitiger Zeichenkunst zu tun, sondern vielmehr mit gründlicher Vorbereitungsarbeit.
Eine Flipchart-Visualisierung ist vorbereitet wie der Text einer Rede. Das bedeutet praktisch, dass ich sie vor dem Auftritt bereits wiederholt aufgezeichnet habe, in der Regel auf ganz gewöhnlichem A4-Papier. Doch auch ein Probelauf auf Flipchart-Format ist empfehlenswert. So kann ich ein Gefühl für die Proportionen entwickeln und sicherstellen, dass alles auf dem Papier Platz findet und ich gleichzeitig den zur Verfügung stehenden Raum auch voll ausnütze.
Letzten Herbst habe ich im Rahmen eines theologischen Kongresses den Inhalt eines Buches auf 14 Flipchartblättern visualisiert. Ich hatte dafür eine halbe Stunde Zeit (und überzog nur um 5 Minuten!). Die 14 Blätter bildeten eine einzige Illustration:
Die 14 Teile hatte ich minutiös vorbereitet. Vor der Präsentation skizzierte ich dann einzelne Elemente auf der Flipchart mit Bleistiftstrichen vor, die mir halfen, den Faden nicht zu verlieren, für die Zuschauer aber nicht sichtbar waren. (Ein gewisser Showeffekt darf bei einem solchen Auftritt auch dazugehören!)
Es war rasant!
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