Wer das anonyme aber ehrliche Feedback zur Qualität seiner Texte nicht fürchtet, sollte unbedingt einmal auf blablameter.de vorbeischauen.
Die Webseite beurteilt den Bullshit-Gehalt einkopierter Texte und – so die Autoren – „entlarvt schonungslos, wieviel heiße Luft sich in Texte eingeschlichen hat.“
Ehrlicherweise muss ich eingestehen, dass mir nicht ganz klar wird, wie ernst das Angebot gemeint ist, aber der Name lässt mich vermuten, dass mindestens ein Augenzwinkern erlaubt ist.
In den „Fragen und Antworten“ wird jedoch auch deutlich, dass es nicht nur um Spass geht. Offenbar steckt hinter der Bullshit-Analyse nicht nur solcher, sondern durchaus sinnvolle Massstäbe für gutes Schreiben:
Warum hat mein wissenschaftlicher Text einen so hohen Index?
In die Wissenschaftssprache hat sich häufig ein übertriebener Nominalstil eingeschlichen. Das dient auch oft dazu, um den „heißen Brei“ herumzutexten – in dieser Hinsicht gibt es durchaus Parallelen zur typischen PR-Sprache.
„Nominalstil“ bedeutet, dass Sätze besonders viele Nomen (Hauptwörter, Substantive) enthalten. Eine solche Sprache wirkt gespreizt und träge, ganz im Gegensatz zu Formulierungen, die sich auf die Kraft von Verben (Zeitwörtern) verlassen. Folgendes Satzpaar illustriert den Unterschied:
Er führte seinen Schlag mit grosser Kraft.
Er schlug kräftig zu.
Für meine erste Bullshit-Analyse habe ich meinen Artikel über Paul Austers Roman „Sunset Park“ ins Eingabefenster kopiert, mutig „Text testen“ angeklickt und mich festgehalten. Und siehe da:
Bullshit-Index :0.05
Ihr Text zeigt keine oder nur sehr geringe Hinweise auf „Bullshit“-Deutsch.
Das Leben ist schön.
Heinz meint
0.17 (mein letzter Artikel für eine interne Zeitschrift). Auch nicht schlecht, aber 0.05 ist ja nun die Benchmark. Ich arbeite daran 😉
Danke für den Tipp!
Anton meint
Hab mich auf der Webseite ein bisschen umgeschaut: Selbst für mich als Profi finden sich hilfreiche Hinweise und Neues; z.B. der/das Blablameter.
Ein klarer Daumen nach oben also.
Als nicht so gut und unschön empfinde ich, nicht nur hier, den gänzlichen Verzicht auf`s Esszett -> ß.
In vielen Wörten (Spass z.B. und – mehr noch – Massstab) funktioniert das nicht, weil die Schriftsprache ja letzendlich nur Diener der „wirklichen“ Sprache ist.
Wie so oft haben wir das der Dummheit einer Kommission zu verdanken, weshalb ich mich zwar im allgemeinen an die festgelegten Regeln halte und z.B „dass“ regelkonform mit Doppel-S schreibe. Doch andererseits erlaube ich mir auch, von diesen abzuweichen, wenn sie dysfunktional wirken. Funktionalität ist dabei für mich nicht nur eine zweckhaft-technische Angelegenheit im Sinne von Informationstransport; sie hat auch eine ästhetische Dimension. Vulgär ausgedrückt: Wenn ein Wort Scheiße aussieht, dann stimmt was nicht.
Analoges gilt für die Kommasetzung (im doppelten Sinne, denn strenggenommen müsste es Kommatasetzung heißen). Sie sollte grundsätzlich der Funktionalität folgen und erst nachrangig den Regeln. Hier lag die Kommission mit ihrer Regellockerung einmal richtig.
Wie so oft gilt es also die richtige Balance bzw. einen Mittelweg zu finden.
P.S.
Dieser Text erzielte einen Blabla-Wert von 0,2
Cla Gleiser meint
Guten Morgen, Anton
Vielen Dank für Ihren engagierten Kommentar. Ja, das mit dem Esszett ist halt so eine Sache … bei uns in der Schweiz gibt’s das einfach nicht. Wo immer Sie ß schreiben, schreiben wir ss. Daher kommt es einem Schweizer natürlich auch nicht komisch vor, wenn ein Wort in Sachen ß Scheisse aussieht. Der merkt das gar nicht! Der weiss es einfach nicht besser!
Herzliche Grüße,
Cla