Der Geist einer Sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren Wörtern.
Marie von Ebner-Eschenbach
Übersetzen ist ein faszinierendes Thema, finde ich. Und das Zitat, auf das ich hier gestossen bin, bringt seine Zwiespältigkeit auf den Punkt. Einerseits wäre ein Leben ohne übersetzte Texte undenkbar. Undenkbar. Ich bin dankbar für die Arbeit all jener, die einen lesenswerten Inhalt in mir zugängliches sprachliches Gebiet tragen. Andererseits – ganz ehrlich – meide ich Übersetzungen, wo ich kann. Leider bin ich sprachlich nicht so versiert, wie ich das gerne hätte. Aber was mir im Original zugänglich ist, nehme ich auch gerne so zu mir, seien es Bücher oder Filme. (In den achtziger Jahren war ich ein Fan von ALF. Da hiess es, die deutsche Synchronfassung sei besser als das amerikanische Original. Das war in der Zeit lange vor der DVD sehr tröstlich – und wohl eine Ausnahme.)
Frau von Ebner-Eschenbach provoziert mich: Ein übersetzter Text sei mir also gleichzeitig nah und fern. Nahe, weil er in eine Sprache übertragen wurde, die ich verstehe; fern, weil der Geist der Sprache, in der er verfasst wurde – und damit ein wesentlicher Teil des Textes selbst – mir unzugänglich bleibt.
Und mit diesem Gedanken breche ich ab. Bin auf dem Sprung in ein verlängertes Bündnerlandwochenende. Deshalb heute nur ganz kurz.
Monika Bylitza meint
Gibt es wirklich „Undenkbares“? Selbst, wenn ich einen Text nicht verstehen kann, löst er doch immer Gedanken und Gefühle aus, oder? Zumindest bei gesprochenen Wörtern. Ich liebe es, auf die Melodie einer ungekannten Sprache zu hören und sie zu interpretieren. Dann übersetzt das Gefühl und die Intuition. Dann arbeitet das Herz und der Verstand kann lernen.
Cla Gleiser meint
Hallo Monika. Danke für deinen Kommentar. Du hast schon Recht: Sprache kann wie Musik sein und uns jenseits der verstandesmässigen Wahrnehmung ansprechen und bewegen. Auch auf diese Weise kann dann etwas „übersetzt“ werden. Allerdings sprengt das – so vermute ich – den Rahmen des Übersetzens, von dem Marie von Ebner-Eschenbach spricht.