Vor einigen Wochen besuchten wir Freunde in ihrer Ferienwohnung. Das ergab auch eine recht umfangreiche Kinderschar. Es wurde gespielt, gelacht, gekämpft – und dann auch geweint. Daniel fiel auf die Nase, was gehörig weh getan haben muss. Gott sei Dank verletzte er sich nicht ernsthaft, aber es sah zum Fürchten aus. Das Blut lief ihm in Strömen aus der Nase und übers T-Shirt – natürlich begleitet von lautem Weinen. Daran störten sich die lärmempfindlichen Nachbarn auf dem Gartensitzplatz nebenan. Als die Situation sich entspannt hatte, entschuldigte Daniels Mama sich bei den Nachbarn für den Lärm, worauf die ältere Dame meinte: “Ja, das war jetzt schon etwas laut. Und dann noch zur Essenszeit.”
In diesem Augenblick brach es wieder einmal aus mir hervor, das Ungetüm, das “Sarkasmus” heisst. Ich sagte zu der Frau: “Nächstes Mal werden wir schauen, dass unsere Kinder nach dem Essen aufs Gesicht fallen.” Welche Reaktion wäre auf eine solche Bemerkung angemessen? Aus meiner Sicht jedenfalls nicht, was ich zur Antwort bekam: “Am besten wäre aber, wenn die Kinder gar nicht mehr hinfallen.” Ich quittierte das noch mit einem verblüfften “Ah ja, da haben Sie auch wieder recht” und musste mir wieder einmal eingestehen, dass Ironie ein höchst unzuverlässiges Kommunikationsmittel ist. Die Frau hatte meine Äusserung wörtlich verstanden und entsprechend darauf reagiert – und sich wahrscheinlich darüber gewundert, was für ein gefühlloser Klotz ihr da gegenüberstand. Dabei wollte ich doch nur meinem Ärger über ihren Kommentar Luft verschaffen.
In meinen Rhetorikkursen weise ich immer auf Risiken und Nebenwirkungen der Ironie hin. Die Gefahr, nicht oder falsch verstanden zu werden, ist gross. Logisch, denn darum geht es ja in der Ironie: Man sagt, was man nicht meint. Eine Grundregel der Kommunikation ist aber, dass man sagt, was man meint. Verkehrt man diese Regel nun für einen Satz oder einen kurzen Teil einer Rede in ihr Gegenteil, dann gibt es in jedem Publikum Menschen, die immer noch meinen, dass man meint, was man sagt. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Sie können beim Redner liegen, beim Zuhörer, beim Inhalt der Botschaft, dem Kontext der Kommunikationssituation oder (was wohl meistens der Fall ist) aus einer Mischung dieser Faktoren heraus entstehen. Die häufigen Missverständnisse bleiben dabei oft unbemerkt, weil der Redner in der Regel nicht die Möglichkeit hat, die Entschlüsselung der Ironie zu überprüfen. Er will das auch nicht, weil er damit den Effekt zerstören würde. (“Das war übrigens ironisch gemeint. Haben das auch alle verstanden?”) In der Folge befinden sich dann im Publikum Menschen, die eine Äusserung als das Gegenteil dessen verstanden haben, was sie eigentlich ausdrücken sollte – und die nun versuchen, dieses Gegenteil in den Rest der Rede zu integrieren. Das sollte ja alles irgendwie zusammenpassen!
Ironie ist daher ein elitäres Stilmittel. Ein Redner setzt es ein, obwohl er weiss, dass nur ein Teil seines Publikums es entschlüsseln kann. Dem Rest bleibt der wahre Gehalt seiner Aussage verborgen. Schlimmer sogar: Dieser Rest versteht sogar genau das Gegenteil dessen, was eigentlich gesagt werden sollte. Wer Ironie einsetzt, richtet sich bewusst nur noch an einen Teil seiner Zuhörer und muss den Preis akzeptieren, dass der Rest gedanklich auf der Strecke bleibt.
Reto Baliarda meint
Hallo Cla
herzliche Gratulation zu deiner lehrreichen und zugleich amüsanten Website.
Du hast sicher Recht, dass die Ironie jeweils nur von einem Teil des Publikums verstanden wird. In diesem Beispiel finde ich jedoch, dass sie einfach zu entschlüsseln ist. Ich glaube, dass die Gemütsverfassung des Adressaten bei der Ironie eine Rolle spielt. Gut möglich, dass diese Nachbarsfrau deine ironische Bemerkung (für mich Weltklasse!) im Nachhinein richtig verstanden hat. Im Moment konnte sie die Botschaft nicht korrekt interpretieren, weil sie immer noch aufgebracht und gereizt war.
Kassie meint
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