Bin ich der erste, der nicht mehr schreiben kann, weil er müde ist?
Seit Tagen ringe ich mit einem Artikel für diesen Blog. Nachdem die letzten Wochen keine Luft zum Bloggen boten (es reichte gerade zum Atmen), wollte ich hier endlich wieder etwas Neues bieten. Doch leichter gedacht als getan. Drei sehr anstrengende Arbeitswochen hatten ihre Spuren hinterlassen – und schlechte Voraussetzungen für einen Blogartikel über die Gliederung von Gedanken und das Erstellen von Dispositionen. Nach längerem Krampf kam dann die vorerst erlösende Idee: Fehlende Schreibkraft aufgrund erschöpfter Energiereserven ist ja nun ein Problem, mit dem ich nicht als erster konfrontiert werde. Warum also nicht einfach davon erzählen?
Aber mit Erzählen soll es nicht getan sein. Einen Schritt übers Jammern hinaus möchte ich gehen. Eine Übung, die in solchen Blockaden helfen kann, ist das so genannte Free Writing, zu Deutsch “freies Schreiben”. Die Sache ist sehr unkompliziert:
Schreib einfach.
Alle Filter werden dabei ausgeschaltet. Ich frage also nicht: Hat dieser Text einen roten Faden? Sind meine Gedanken klar formuliert? Auch Grammatik und Rechtschreibung dürfen auf der Strecke bleiben. Am Anfang steht vielleicht ein Gedanke, eine einfache Feststellung oder auch eine Frage. Anstatt das Thema aber organisiert und gegliedert zu erörtern, schreibe ich einfach drauflos. Es ist gut möglich, sogar wahrscheinlich, dass der Text sich dann in eine andere Richtung entwickelt. Auch das spielt überhaupt keine Rolle. Hier ist alles erlaubt. Die einzige Regel: Schreiben – und zwar möglichst ohne Unterbruch.
Ich könnte mit der naheliegenden Frage beginnen: Warum kann ich nicht schreiben? Jetzt denke ich aber nicht lange darüber nach, sondern schreibe, schreibe, schreibe. “Ich kann ja schreiben.” Das könnte dann der nächste Satz sein. Und dann kommt noch einer und noch einer und noch einer.
Der Effekt dieser Übung ist oft verblüffend, denn was da entsteht, beweist: Es geht ja doch. Ich bin nicht blockiert. Ich bin nicht grundsätzlich zu müde. Ich kann denken. Ich kann schreiben.
Und hier noch ein Webtipp für solche, die beim Free Writing den zusätzlichen Kick suchen: Dr. Wicked’s Writing Lab stellt unter dem sympathischen Titel “Write or Die” (“Schreib oder stirb”) eine Plattform zur Verfügung, mit der man sich besonders gut zum Drauflosschreiben motivieren kann. Man gibt die Dauer der Schreibsitzung ein und die Anzahl Wörter, die man erreichen will. Mit forgiving (“grosszügig”), strict (“streng”) und evil (“bösartig”) bestimmt man, wie lange die Verschnaufpausen sein dürfen, die einem das Programm zugesteht. Ausserdem wählt man den Modus, von gentle (“sanft”) über normal bis kamikaze. Diese Wahl definiert, wie das Programm reagiert, wenn man zu lange pausiert. Im fiesen Kamikaze-Modus beispielsweise wird der bereits getippte Text rückwärts gelöscht. Eine Spielerei? Sicher. Aber wenn es darum geht, den Geschichtsaufsatz oder den Geschäftsbericht endlich in Gang zu bringen, dann ist es dieses Quäntchen Spass, das einem helfen kann, den Sprung ins Schreiben zu schaffen.
[…] Wunder wirken. Schreibblockaden ade! Eine solche Wörterkarte ist ein starker Startpunkt für Free Writing, und falls mir einmal die Ideen für meine Blogartikel ausgehen sollten, weiss ich auch, was ich zu […]