Kategorien können hilfreich sein. Sie können die Dinge übersichtlicher und leichter fassbar machen. Man erlebt das zum Beispiel beim Versuch, etwas abzuzeichnen. Diese beiden Boxer proportional richtig auf ein Blatt zu kopieren, dürfte für die meisten eine beträchtliche Herausforderung darstellen:
Viel einfacher wird es, wenn ein Raster über der Zeichnung liegt. So:
Diesen Trick habe ich als Kind oft angewendet. Die Hilfslinien zerlegen das Bild in überschaubare Bausteine, so dass die Dimensionen der einzelnen Bildteile sowie ihre Beziehungen zueinander leichter zu erfassen sind. Genau dasselbe können Kategorien leisten. Sie zerlegen Grosses, Unübersichtliches und Komplexes, ziehen quasi Hilfslinien durch schwer überschaubare Gebiete.
Als ein solches Netz von Hilfslinien habe ich die Kategorien der klassischen Rhetorik erlebt und so setze ich sie auch in meinen Kursen ein. Sie ermöglichen Orientierung und helfen dabei, Prozesse zu gliedern, leichter verdaulich und damit schmackhafter zu machen. Zum Beispiel das Erstellen einer Rede. Womit ich nun endlich beim Thema wäre.
Die klassische Rhetorik bietet uns mehr als Tipps dafür, was wir während des Vortrags mit unseren Händen (oder Füssen) machen sollen. Sie setzt mit ihren Werkzeugen viel früher an und bahnt uns einen Weg vom ersten Gedanken für eine Rede bis zum Vortrag selbst. Eine Rede zu bauen ist nämlich nicht einfach. Und es ist umso schwieriger, wenn man keine Ahnung hat, wie man vorgehen soll. Sehr hilfreich sind daher die 5 Schritte, in welche die klassische Rhetorik das Vorbereiten und Durchführen einer Rede zerlegt. Diese Schritte werden “Produktionsstadien” genannt. (Der Fachbegriff für die Produktionsstadien lautet partes artis. Die systematische Rhetorik bedient sich für ihren Fachwortschatz des Lateinischen und des Griechischen. Besonders wichtig ist das nicht, und ich werde mich bemühen, hier konsequent deutsche Begriffe zu setzen. Die Fachausdrücke folgen dann in Klammern, damit auch jene, die auf Google “inventio” eintippen, zu einem Besuch auf verständlich.ch eingeladen werden.)
Nun aber zur Sache, nämlich zu den Produktionsstadien. Sie lauten:
- finden (Fachbegriff: inventio)
- ordnen (dispositio)
- formulieren (elocutio)
- einprägen (memoria)
- ausführen (actio)
Diese Kategorien sind als Hilfslinien zu verstehen. Und da ich immer wieder höre, dass Menschen sie tatsächlich als hilfreich erleben und das auch meiner eigenen Erfahrung entspricht, werde ich in den nächsten Wochen auf verständlich.ch eine Reihe von Artikeln über die Produktionsstadien veröffentlichen. Dabei geht es mir nicht um theoretische Analysen oder eine grundlegende Einführung in die klassische Rhetorik. Es geht darum, wie man eine Rede bauen kann. Ganz praktisch. Ganz handfest.
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