Ich hatte kürzlich Geburtstag und habe bei dieser Gelegenheit auch einige Geschenke bekommen. Darunter war eine Blechschachtel mit der viel versprechenden Aufschrift „Wörter für Cla“. In der Schachtel lagen 40 kreativ gestaltete Karten mit jeweils einem Wort. Wunderschön.
Ich habe mir die Karten in der Runde meiner Gäste angesehen und war einmal mehr überrascht und bewegt von der schöpferischen Kraft, die in einem einzelnen Wort liegt. Die kreative und emotionale Darstellung hat das noch verstärkt. Jede einzelne Karte löste sofort einen Fluss von Ideen und Geschichten aus.
So zum Beispiel die Nebensächlichkeit, die sich so überhaupt nicht nebensächlich auf der ganzen Fläche der Karte ausbreitet. Richtig wichtig macht sie sich, ganz in Grossbuchstaben und farbig bis zur Schmerzgrenze. Diese Nebensächlichkeit will sich nicht von den Hauptsachen verdrängen lassen. Sie kämpft um ihren Platz – und das mit Erfolg. Immerhin habe ich sie ihren 39 Mitbewerbern vorgezogen, um hier über die kreative Wirkung von Wörtern zu schreiben. Ich habe mich von ihr täuschen lassen. Das können Wörter.
Auch die Herzensangelegenheit hat es mir angetan (am oberen rechten Bildrand im ersten Foto). Hier ist nichts mit gestalterischer Kreativität. Ganz nüchtern steht sie da, wenn auch immerhin rot geschrieben. Und erst jetzt, wenn ich mir das Wort so ansehe, wird mir bewusst, welche Spannung es in sich trägt: Das Herz verstehen wir als Sitz der Emotionen. Herz bedeutet schnell einmal Liebe. Die Angelegenheit dagegen ist bürokratisch, technisch, steril. Sie lässt mich an Traktandenlisten denken, an juristische Verfahren und an Diskussionen, in denen man die Dinge nicht beim Namen nennen will. Was hat sich die deutsche Sprache gedacht, als sie eine Wortschöpfung wie Herzensangelegenheit zuliess?
Dieses kreative Potenzial der Wörter lässt sich anzapfen: zum Beispiel, wenn die eigenen kreativen Quellen ausgetrocknet scheinen. Sich dann ein Wort vor Augen zu führen, es anzusehen und sich davon anstossen (oder auch abstossen) zu lassen, kann wahrhaft Wunder wirken. Schreibblockaden ade! Eine solche Wörterkarte ist ein starker Startpunkt für Free Writing, und falls mir einmal die Ideen für meine Blogartikel ausgehen sollten, weiss ich auch, was ich zu tun habe. Denn manchmal hängt die verstopfte Leitung ja auch damit zusammen, dass zu viel möglich ist. Da hilft die selbst auferlegte Beschränkung. Irgendetwas zu schreiben ist ungleich schwieriger, als einer engen Vorgabe zu folgen, auch wenn wir sie auf den ersten Blick vielleicht als unüberwindbare Herausforderung empfinden. Die Aufgabe, 1000 Wörter über ein beliebiges Thema zu schreiben, kann viel herausfordernder sein, als 1000 Wörter über die Geschichte der polnischen Eishockey-Nationalliga zu verfassen – auch wenn ich rein gar nichts von Eishockey verstehe. Deshalb ziehe ich lieber eine Karte aus meiner Schachtel, zum Beispiel Licht (mit Buchstaben, die im Dunkeln leuchten) und lasse daraus einen Sternenhimmel von Ideen wachsen.
karsten f. meint
ein tolles geschenk hast du bekommen. die idee finde ich echt kreativ und schön.
Lukas meint
Finde ich auch echt kreativ 🙂 Vielleicht ist es ja ein kleines Wortpuzzel 😛