Dieser Beitrag schmerzt mich schon, bevor ich ihn geschrieben habe. Denn eigentlich liebe ich Kreativität, und ich finde, unser Alltag ist nun wirklich nicht überfüllt von Originalität und fröhlichen Ausbrüchen kreativer Kraft.
Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass es für beinahe alles einen angemessenen Ort und eine angemessene Zeit gibt.
Vor dieser Tafel habe ich einige Minuten verbracht. Ich wurde hin- und hergerissen. Auf der einen Seite sind da originelle Formulierungen, die ich im Kontext einer Verbotstafel nicht erwartet hätte und die mich zum Lächeln brachten. Auf der anderen Seite beschäftigt mich ja konstant die Frage: Wird um mich herum angemessen und wirkungsvoll kommuniziert? Und das scheint mir hier nicht der Fall zu sein.
Einfach und kurz gesagt: Es ist zu viel des Guten.
Und das Viele, das da ist, scheint mir zudem reichlich unstrukturiert.
Die drei eigentlichen „Reinheitsgebote“ rechts werden mit durchaus witzigen Sätzen eingeleitet. Ja, witzig sind sie, dadurch aber auch schwer verständlich. Wer nicht deutscher Muttersprache ist, dürfte es schwer haben, das Sprachspiel um die Geschäftsbedingungen nachzuvollziehen. Er könnte stattdessen auf die Idee kommen, vor der Benützung (so nennen wir Schweizer die hochdeutsche Benutzung) des Spielplatzes sei ein mehrseitiges Dokument zu studieren und unterzeichnet mit vier Durchschlägen auf der Gemeindeverwaltung abzugeben.
Die Absicht hinter dem zweiten Gebot ist unklar. Das einzige Stichwort ist Recycling. Was wird nun von mir als Spielplatzbenützer erwartet? Dass ich meinen Abfall, der nicht in den normalen Müll gehört, wieder nach Hause trage und dann artgerecht entsorge? Oder stehen irgendwo Recyclingcontainer bereit? Mir bleibt ein Fragezeichen.
Ich liebe Piktogramme. Diese hier wirken jedoch wie Fremdkörper. Das untere bezieht sich auf die erste der drei Regeln. Gleichzeitig widerspricht es der zweiten, weil eine Flasche im Abfalleimer landet, anstatt in der Glassammlung ihre vorläufige Ruhestätte zu finden. Das obere Piktogramm bring ein ganz neues Thema auf, denn rechts steht nichts von Hunden. Weshalb nicht? Dazu hätte sich doch auch ein origineller Satz finden lassen.
Und dann der Spielverderber: „Benützung auf eigene Gefahr.“ Ich vermute, dass dieser Satz aus rechtlichen Gründen auch noch Platz finden musste. Und auch hier fehlt nun jeder Witz. Dabei gäbe es der Möglichkeiten genug (ich lasse mich auf das kleine Gedankenspiel ein, obwohl ich finde, dass diese Sätze hier der Kommunikation eher im Weg stehen):
Fallen Sie nicht auf den Kopf!
Oder:
Hals und Beinbruch beim Spielen!
Einfach und etwas länger als eingangs gesagt: Diese Tafel macht es dem Leser nicht leicht. Es als Leser nicht ganz leicht zu haben, kann eine prickelnde Erfahrung sein, wenn man ein Gedicht oder einen Roman oder ein Theaterstück oder ein anderes Stück Literatur liest. Nicht aber, wenn es um die Gebrauchsanweisung zu einem Kinderspielplatz geht. Hier muss es schnell und einfach gehen. Die Anweisungen sind nicht zugänglich genug. Wer dieses Schild entworfen hat, hat nicht (oder zu wenig) vom Empfänger der Botschaft her gedacht.
Nein, ich jammere nicht über den Sprachzerfall. Ich will jedoch, wo ich kann, etwas dazulernen für mein eigenes Kommunizieren. Und wenn Fehler anderer für mich zu einer Lektion werden können, dann freue ich mich darüber, dass ich nicht jeden Fehler selbst machen muss.
Ausserdem unterstreiche ich nochmals meine innere Zerrissenheit (und bitte um einen Hauch Mitgefühl). Die Tafel löst in mir gemischte Gefühle aus: Ich freue mich ehrlich über die Originalität und den Mut, die hier spürbar sind. Aber mit Originalität allein macht man keine Kommunikation.
Remo meint
Zitat: Wer nicht deutscher Muttersprache ist, dürfte es schwer haben, das Sprachspiel um die Geschäftsbedingungen nachzuvollziehen.
Meinung: Als ob das eine Rolle spielt. In China geht man auch nicht danach, wer nicht Chinesisch kann.
Ich halte das Sprachspiel daher für erfrischend.
Zitat: Es ist zu viel des Guten.
Meinung: Die paar Wortspiele auf der Werbetafel als zuviel des Guten?Hier gibt es wirklich zuviel des Guten:
http://domleschg24.ch/?p=1915
Und hier in der Gemeinde Cazis am Heinzenberg / Domleschg zuwenig des Guten:
http://domleschg24.ch/?p=1799
Cla Gleiser meint
Danke für Deine Kommentare und Anregungen.
Natürlich spielt es eine Rolle, ob potenzielle Empfänger meine Mitteilung verstehen. Wenn mir das egal wäre, dann sollte ich das Kommunizieren bleiben lassen. (Gilt übrigens auch für Chinesen.)
Und ja: Das mit den Gesetzestexten ist immer so eine Geschichte. Meistens eine zum Haareraufen.
Herzlicher Gruss
Cla
Remo meint
Wenns danach ginge, daß man möglichst sich danach richtet, dann stürben Sprachspiele und sprachliche Kreativität aus. Und auch die Herzlichkeit und alles andere, die mit sowas verbunden ist. Und ich fände es schade, wenn ich z. B. nach Chile reisen würde und dort dann für Touris alles nur noch auf Englisch stünde, weil die Leute dort denken: Wir müssen ja möglist für alle ganz ganz verständlich sein. Doch man muß gar nicht soweit-gehen. Man nehme doch nur Schweizerdeutsch. Soll man also jetzt solche Wörter vermeiden, die ein Deutscher oder Österreicher nicht verstehen könnte. Wie langweilig wäre das?
Oder noch kürzer-getreten. Gar nicht mal über Landesgrenzen, sondern nur über Kantonsgrenzen geschaut: Sollte ein Bündner oder ein Walliser oder ein Appenzeller Ausdrücke / Wörter meiden, die man woanders in der Schweiz (der zürcher Tourist etwa) nicht verstehen könnte?
Das ist dann wirklich Gleichmacherei.
Oder nochmal zum Argument: Wenn man nicht deutscher Muttersprache ist, dürfte man Schwierigkeiten haben, das zu verstehen.
Das ist doch gerade das Spannende. Viele, die deutscher Muttersprache sind, haben doch selbst in Österreich, in der Schweiz oder in Sachsen oder in Norddeutschland, in Bayern et. et. et. Probleme, alles zu verstehen.
Man stelle sich vor, man reise irgendwohin und alles ist genau gleich… Neee…
Aber ein interessanter Blog.
Herzlichen Gruß,
Remo