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Wie man eine starke Bildsprache entwickelt.

15. September 2010 by Cla Gleiser 1 Kommentar

Mit diesem Artikel nehme ich den Faden auf, den ich vor rund 2 Wochen hier niedergelegt habe.

Starke BildspracheWir erinnern uns: Die Geschäftsleitung eines fiktiven Reinigungsunternehmens hat in die Anschaffung einer neuen Staubsaugerflotte des Modells „Sucker V-21“ (mit Pollen- und Milbenfilter und kosmischer Saugleistung) investiert. Im Jahresbericht will sie ihre mutige Orientierung nach vorn unterstreichen. Die gewählte Formulierung lässt aber keine so recht dynamische Stimmung aufkommen.

Was könnte die Geschäftsleitung besser machen?

Zum Beispiel eine konsequente Bildsprache. Das statische Bild des Grundsteins und das dynamische des Weges passen nicht zusammen. Und wenn die Geschäftsleitung Dynamik kommunizieren will, dann sollte sie sich für durchgängig dynamische Sprachbilder entscheiden. Das könnte dann heissen:

Die Geschäftsleitung ist überzeugt, mit dieser Entscheidung den Weg zur Nummer 1 unter den Schweizer Reinigungsunternehmen eingeschlagen zu haben.

Die Änderung ist minimal, die Wirkung jedoch beträchtlich: Anstatt einen Grundstein zu legen, wird nun einfach ein Weg eingeschlagen. Das hat Richtung. Das zeigt Bewegung.

Natürlich wäre auch die andere Variante denkbar:

Die Geschäftsleitung ist überzeugt, mit dieser Entscheidung den Grundstein für einen festen Platz als Nummer 1 unter den Schweizer Reinigungsunternehmen gelegt zu haben.

Hier musste der Weg dran glauben. Das Resultat ist ebenfalls stark, weil die verwendeten Wörter durchgehend das Bild von Stabilität untermauern: Grundstein legen, fest, Platz.

Bevor ich überprüfen kann, ob meine Sprachbilder zusammenarbeiten (gewissermassen am gleichen Strick ziehen), muss ich allerdings entscheiden, was sie denn bewirken sollen. Die beiden Varianten des Geschäftsberichtes  stehen für Dynamik oder Stabilität. Für welche Möglichkeit die Geschäftsführung sich entscheidet, hängt davon ab, wie sie ihr Unternehmen sieht und wie sie es darstellen möchte. Das ist zum Beispiel in der Formulierung von Leitbildern entscheidend. Zur Aufgabe solcher Texte gehört es ja, Werte zu kommunizieren, und das geschieht nicht nur über den Kopf. Ein Leitbildtext muss daher ansteckend sein. Ein Wert wird nicht nur beschrieben, er muss für den Leser oder Hörer spürbar werden, er muss überspringen.

Eine weitere wichtige Rolle bei der Wahl der Bildsprache spielt der Leser oder Hörer. Er muss das Bild in seine Welt integrieren können, es muss für ihn Sinn ergeben. Wenn das nicht funktioniert, wird die Wirkung der Botschaft empfindlich gebremst.

Am 13. September druckte die Neue Zürcher Zeitung ein Interview mit alt Bundesrat Joseph Deiss, der diese Woche das Präsidium der Uno-Generalversammlung übernommen hat. Seiner Meinung nach sei es auch für die Schweiz möglich, sich als souveräner Staat in der Uno zu engagieren, ohne die Identität zu verlieren. (Eine Sicht, die in der Schweiz ja alles andere als unumstritten ist.) Es sei zudem der Akteur, der souverän sei, nicht der Abwesende. (Einfach gesagt: Wer mitmacht, bestimmt auch mit.) Und dann verwendet Deiss dieses Bild:

Wir beschränken unsere Freiheit, wenn wir darauf verzichten, unsere Meinung zum Klimaproblem oder zur globalen Finanzordnung zu äussern. Wir sollten uns nicht wie Zuschauer beim Jassen verhalten, die immer besser wissen, wann man das Nell* hätte spielen sollen. Wir müssen das Nell haben und damit stechen.

Deiss verwendet ein typisches Schweizer Bild, um ein Anliegen zu unterstreichen, das gerade bei vielen umstritten ist, die sich als besonders schweizerisch sehen. Es vermittelt zudem unumstritten positive Inhalte: Initiative, Kontrolle und nicht zuletzt – Sieg. Geradezu raffiniert finde ich das. Mindestens ein Lächeln dürfte der Vergleich auch einem eingefleischten Uno-Gegner entlocken, wenigstens dann, wenn er gleichzeitig ein Jasser ist.

Und wer sein Publikum zum Lächeln bringt, hat schon halb gewonnen.

Unsere Sprache ist bildhaft, und es sind nicht nur die ausdrücklichen Vergleiche wie das Jassgleichnis von Deiss, die Bilder projizieren. Auch viele Wörter, die wir nicht (mehr) bewusst als bildhaft wahrnehmen, tragen Bilder in sich; Bilder, die sich gegenseitig unterstreichen oder widersprechen und damit unser Anliegen stärken oder schwächen können.

Unsere Sprache ist voller Bilder, die nur darauf warten, in unserem Reden und Schreiben neu und stark zum Zug zu kommen:

entspannen, festhalten (im Sinne von notieren), begreifen, zerpflücken, auf etwas bestehen, erklären, sich mit etwas befassen, begeistern, entschlacken, erstarren, unterkühlt, ausgebrannt, überwältigt, erschüttert, verklemmt, aalglatt, spannend, ermutigt, begründet . . .

* Das Nell ist eine hohe Karte beim Jassen, dem verbreiteten Schweizer Kartenspiel, das zu lernen ich mich mein Leben lang erfolgreich geweigert habe.

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Kategorie: Allgemein Stichworte: Bildsprache, Sucker V-21

Trackbacks

  1. Wie man eine kraftlose Bildsprache entwickelt. | verständlich sagt:
    16. September 2010 um 10:01 Uhr

    […] dazu demnächst (und zwar hier). drucken, weitersagen oder […]

    Antworten

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