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Selbstsabotage durch körperliche Unarten

7. Januar 2011 by Cla Gleiser 8 Kommentare

Wenn wir doch nur körperlose Daseinsformen wären! Eine Art intelligenter Wolken, deren Gegenwart sich einfach durch eine leicht Trübung in der Luft andeutet. Das Leben wäre so viel einfacher. Vor allem das Leben als Redner.

Denn ganz egal, wie sehr wir uns bemühen und unsere Sprache trainieren und an unseren Argumentationsstrategien feilen und unsere Stimme kräftigen, bis sie klingt wie die von Barack Obama: Unser Körper verrät uns doch. An ihm zeigen sich Friedfertigkeit und Aggressionen, Freude und Bedrückung, Sicherheit und Verunsicherung.

Unser Körper ist wie die Nase von Pinocchio, nur noch viel mächtiger: Erstens vermag er viel mehr Nuancen auszudrücken als nur Lüge oder Wahrheit, und zweitens hat er viel mehr Möglichkeiten dazu, als nur länger zu werden oder nicht. So viele Möglichkeiten, dass einige von ihnen dem Redner selbst verborgen bleiben und vom Publikum nur unbewusst aufgenommen werden. Aber aufgenommen werden sie.

Der Stand

Ich finde, am Stand zeigt sich am deutlichsten, wie sicher oder unsicher ein Redner sich fühlt. Der unsichere Redner zeigt sich in verschiedenen Typen:

  • Der Seemann: Seine Füsse stehen zwar fest am Boden, sein Körpergewicht aber verschiebt er im Sekundentakt schwankend von links nach rechts nach links nach rechts…
  • Der Tänzer: Seine Füsse sind ständig irgendwie in Bewegung, während er selbst sich nicht von der Stelle bewegt.
  • Der Storch: Er balanciert sein Gewicht auf einem Fuss, während der andere in irgendeiner Position mehr oder weniger funktionslos (er trägt ja nichts) und auch etwas unmotiviert herumsteht (zum Beispiel unterhalb eines angewinkelten Knies in James-Bond-Manier* nur mit den Zehen den Boden berührend).
  • Und dann noch das bei unsicheren Rednerinnen verbreitete Phänomen der verschränkten Beine. Ich habe das bei Männern noch nie gesehen, beobachte es bei Frauen aber regelmässig: Dort wo der rechte Fuss stehen sollte, steht der linke und umgekehrt. Das Ergebnis ist ein X mit Kreuzung bei den Knien. (Der Grund, weshalb Männer das nicht machen, liegt wahrscheinlich einfach daran, dass sie es aufgrund ihrer verminderten Beweglichkeit nicht hinbekommen.)

Diese Positionen haben alle eines gemeinsam: Sie sind instabil. Und auf einem instabilen Fundament kommt einfach kein Gefühl von Sicherheit auf.

In Rhetorik-Kursen gebe ich darum immer zwei Empfehlungen dafür ab, wie ich mich als Redner vor mein Publikum stellen möchte:

  • stabil (auf beiden Füssen)
  • aufrecht (mit geradem Rücken und aufgerichtetem Kopf)

Und das ist auch das erste, was ich tue, wenn ich vor Publikum spreche: Ich stelle mich stabil und aufrecht hin. Erst dann mache ich den Mund auf.

Die Hände

Arme und Hände können uns ebenfalls einen kräftigen Strich durch die Rechnung machen. Sie verraten die Unsicherheit des Redners meist dadurch, dass sie sich in irgendeiner Form winden oder verstecken. Vielleicht findet die eine Hand an der anderen auch einen Ring, mit dem sie spielen kann, um sich die Zeit bis zum Ende der Rede zu vertreiben.

All dies wirkt unsicher und abwesend. Der Redner scheint dann einfach nicht ganz da zu sein. Dabei braucht es gar nicht viel: Die ruhig auf Bauchhöhe positionierten Hände, die sich leicht berühren, sind schon ein guter Ansatzpunkt, um eine ruhige und sichere Körpersprache zu trainieren.

Und die Hosentasche? – Sie ist dann ein Problem, wenn sie als Versteck dient; und dann, wenn sie – wie der Ring am Finger – der Hand Spielzeug (zum Beispiel einen Schlüsselbund) anbietet. Ab und zu aber ganz natürlich eine Hand in die Hosentasche zu stecken kann Entspannung kommunizieren und damit die Botschaft: „Ich fühle mich wohl bei Euch.“

Bewegung auf der Bühne

Die frei gehaltene Rede bietet die grossartige Chance, sich ohne Bindung an ein Rednerpult frei bewegen zu können. Ein Redner, der wie angeschraubt an einer Stelle stehen bleibt, vermittelt wenig Dynamik und wird es wahrscheinlich schwer haben, sein Publikum über längere Zeit aufmerksam zu halten. Die Bewegungsfreiheit kann für einen unsicheren Redner aber zur Überforderung werden. Und dann kommt das Herumtigern. Dann kommen die hektischen Bühnenspaziergänge, die innere Unruhe verraten.

Seitwärts. Vor und zurück. Einfach bewegen.

„Bloss nicht stehenbleiben“, scheint ein solcher Redner sich zu denken. Dabei liesse die Bewegung auf der Bühne sich als wirkungsvolles Kommunikationsmittel einsetzen, um die Botschaft zu verstärken und zu versenken. Dafür aber muss sie kontrolliert sein.

Über den Körper zu mehr Sicherheit

Der Körper ist verräterischer als die Nase von Pinocchio. Doch das hat auch sein Gutes: Unser Körper bietet uns auch einen einfachen Zugang, im Auftreten sicherer zu werden. Wo ich mir sprachliche Unarten abgewöhne und so eine „sicherere“ Sprache gewinne, wird das sich auch auf mein Gefühl von Sicherheit auswirken. Der Körper aber bietet meiner Meinung nach den schnellsten und wirksamsten Zugang zur inneren Zentrale. Ein sicherer Stand zum Beispiel erzeugt augenblicklich ein Gefühl grösserer Sicherheit – beim Redner wie auch beim Publikum. Der sichere Stand ist deshalb noch längst nicht in mein natürliches Repertoire integriert, aber wenn ich ihn einmal erlebt habe, werde ich ihn gerne und regelmässig einsetzen, um ein sicherer Redner zu werden.

Doch heute geht es mir noch nicht um Lösungsansätze. Die folgen im letzten Artikel dieser Reihe.

* Natürlich sieht das bei James Bond irgendwie cool und locker aus. Aber James Bond hat auch eine Lizenz zum Töten und daher viel weniger Probleme, sein Publikum wach zu halten.

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Kategorie: Allgemein Stichworte: Körpersprache, Rhetorik, Selbstsabotage, Sicherheit

Kommentare

  1. Viktor Steiner meint

    7. Januar 2011 um 09:32

    Sehr wahr, was Du da schreibst! Aber:
    1. Ich bin mir meistens nicht bewusst, was mein Körper alles sagt. Spöttische Bemerkungen meiner Kinder am Mittagstisch nach der Predigt waren z.T. schon ‚wertvoll‘, aber schwer verdaulich! Muss ich mich filmen lassen? Und
    2. Wäre es nicht wichtiger, echte innerliche Ruhe und Fachkompetenz zu erlangen, als sie nachzuahmen?
    Zum Phänomen der verschränkten Beine: Das habe ich auch bei Männern (bzw. bei einem bestimmten Mann) mehrmals erlebt. Meine Frau nennt es den Pipi-Drang.

    Antworten
    • Cla Gleiser meint

      7. Januar 2011 um 09:58

      Lieber Viktor
      Zu 1: Wir können uns mit der Selbstanalyse auch verrückt machen. Ich finde aber, dass ich es meinen Zuhörern schulde, sicher aufzutreten, so dass auch sie sich sicherer fühlen können. Damit ich an meinen Mängeln nicht verzweifle, habe ich mir angewöhnt, einen Schritt nach dem anderen zu gehen und immer nur eine Sache aufs Mal zu verändern.
      Zu 2: Absolut! Um Nachahmung geht es mir überhaupt nicht. Echtheit und Ehrlichkeit bleiben oberstes Gebot. Das Training einer sicheren Körpersprache bewirkt aber tatsächlich eine Art Rückkopplung und kann so meine Sicherheit als Redner steigern.
      Danke Dir für die anregenden Fragen und Gedanken!

      Antworten
  2. Heinz meint

    7. Januar 2011 um 09:49

    …zudem hat der Storch die Lizenz zum Kinder bringen. Auch das kann das (weibliche…) Publikum wach halten.

    Antworten
    • Cla Gleiser meint

      7. Januar 2011 um 10:00

      Vielen Dank, Heinz. Das ich daran nicht selbst gedacht hatte! Meinst Du, James Bond ist deshalb zu seiner typischen Pose gekommen?

      Antworten
      • Heinz meint

        7. Januar 2011 um 10:09

        Oh, sehr spannender Gedanke! Ob der wohl in der feministischen James-Bond-Fachliteratur schon aufgegriffen worden ist?

  3. Veit meint

    7. Januar 2011 um 11:52

    Der Artikel leuchtet ein! Ganz selbstverständlich auch: Körpergeruch: http://gedichtbandlose-lyrik.de/bist-du-noch-so-sympathisch

    Antworten

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    21. Dezember 2012 um 08:16 Uhr

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