Zu diesem Artikel wurde ich angestossen durch den immer witzigen und anregenden Newsletter der USG Übersetzungs-Service AG. Danke.
Es ist nichts Neues: Unsere Sprache und unsere Wahrnehmung der Welt sind eng miteinander verkettet. Das ist eines meiner Lieblingsthemen. (Die Blogartikel dazu sind in der Kategorie Wahrnehmung zu finden.)
Der USG-Newsletter (oder besser: das Mail, mit dem meine Frage nach der Quelle beantwortet wurde) hat mich auf diesen Online-Artikel verwiesen, der sich wiederum auf eine Studie der Universität Harvard bezieht. (So muss man manchmal um einige Ecken schauen, um etwas zu lernen.)
Die Harvard-Untersuchung stellte fest, dass zweisprachige Personen ihre Meinung über gewisse ethnische Gruppen änderten, je nachdem, in welcher Sprache ihre Neigungen und Vorzüge überprüft wurden.
Oludamini Ogunnaike, Co-Autor der Studie, äussert sich so:
Diese Studie weist darauf hin, dass Sprache weit mehr ist als ein Medium, mit dem wir Gedanken und Gefühle ausdrücken. Tatsächlich scheint sie unsere Gedanken und Gefühle auch zu formen.
Der Test wurde zweimal durchgeführt: einmal in Marokko (auf Arabisch und Französisch) und einmal in den USA (mit Latinos, die Spanisch und Englisch sprechen). In Marokko zeigten die Teilnehmer eine Präferenz für andere Marokkaner, wenn sie den Test in Arabisch durchführten. Diese Präferenz verschwand jedoch nach dem Wechsel zum Französischen. In den USA wies der spanische Test bei den Kandidaten eine Präferenz für andere Latinos nach, und auch diese verschwand nach dem Wechsel zum Englischen.
Ogunnaike kommentiert die verblüffenden Resultate:
Es ist, als würde man einen Freund auf Englisch fragen, ob er Eis mag, ihm dieselbe Frage danach nochmals auf Französisch stellen und dabei zwei verschiedene Antworten bekommen.
Der USG-Newsletter verwendet das Bild von Dr. Jekyll und Mr. Hyde als Illustration für das Phänomen. Der Arzt aus dem bekannten Roman von Robert Louis Stevenson entwickelte ein Medikament, mit dem er die Bühne seine Lebens temporär für seine negative Seite räumen konnte, die dann im miesen und fiesen Mr. Hyde menschliche (jedenfalls optisch) Gestalt annahm. – Armer Jekyll! Das ganze Experimentieren im Selbstversuch war vollkommen überflüssig: Er hätte nur eine Fremdsprache lernen müssen.
Die Frage ist bloss: Welche?
Heinz meint
Vielleicht hätte Jekyll mit Orkisch oder noch besser mit der dunklen Sprache Mordors (which I will not utter, würde Gandalf sagen) schon erstaunliche Effekte erzielt… 🙂
Cla Gleiser meint
Danke, Heinz.
Orkisch! Dunkle Sprache Mordors! Deine Vorschläge sind gleichermassen kreativ wie diplomatisch. Die Fettnäpfe verfehlter politischer Korrektheit sind elegant umschifft. Ganz anders wäre es gewesen, wenn Du bespielsweise Baseldeutsch erwähnt hättest.