Wie angekündigt führten Peter Wild und ich letzte Woche unser Seminar „Körper und Sprache“ durch. Wir verbrachten zwei aktive und aktivierende Tage in einem Kreis von 16 motivierten Persönlichkeiten (da zähle ich uns als Dozenten einfach mit).
Wer im Zusammenhang mit Rhetorik den Begriff Körpersprache vernimmt, denkt in der Regel zuerst einmal an den Klassiker:
Hand in die Hosentasche: cool oder ordinär?
Als Peter und ich uns an die Vorbereitungsarbeit machten, war von Anfang an klar, dass wir weiter in die Tiefe arbeiten wollten. Es konnte nicht nur darum gehen, Fragen nach dem oberflächlichen Erscheinen zu diskutieren und zu beantworten. Deshalb fingen wir beinahe bei Adam und Eva an.
Und auf dieser Reise habe ich selbst einiges dazugelernt, so dass ich hier gerne einen kurzen Rückblick gebe.
Körper haben oder Körper sein?
Bei Adam und Eva anzufangen hiess in diesem Fall, uns bewusst zu machen: Wir sind Körper.
Wir haben ihn nicht, diesen Körper. Wir sind Körper. Ganze egal, wie geklärt oder verdreht meine Beziehung zu diesem Körper ist: Ich bin er.
Daher ist mein Körper auch Teil meiner Kommunikation. Immer. Eine Beschäftigung mit Körpersprache muss den Rahmen der Hosentaschenfrage und der korrekten Gestik sprengen.
Im Kurs hat Peter das mit uns gemacht (Rahmen gesprengt, meine ich) und uns auf Entdeckungsreise zu(rück) zu unserem Körpersein mitgenommen. Die Methoden waren bunt und herausfordernd:
- griechische Volkstänze
- Maskentheater
- Pantomimisches Malen („Mach mal einen kitzligen Baum!“)
- Gehen wie eine Nadelperson
- und vieles mehr
Was hier vermutlich ziemlich esoterisch klingt, war teilweise harte Arbeit, erdig, ermüdend, lustig und immer Horizont erweiternd. Wir haben erlebt: Wir sind Körper, und dieser Körper spricht.
Mit dem Körper sprechen
Von der Grundlage aus beschäftigten wir uns mit der Frage, welchen Beitrag dieser Körper leisten kann, wenn wir Geschichten erzählen. Texte aus den Evangelien wurden mit vollem Körpereinsatz erarbeitet und präsentiert.
Dabei wurde deutlich: Entscheidend sind die leisen Töne.
Gesunde Körpersprache spielt sich im Millimeterbereich ab. Da geht es nicht um möglichst grosse, überwältigende Gesten. Es geht um Nuancen, doch diese Nuancen können Arbeit bedeuten, denn sie müssen in zwei Richtungen passen:
- Zu mir: Ich muss die Körpersprache finden, die zu mir als Körper passt, die meine Möglichkeiten und Grenzen ernst nimmt. Da gibt es kein Kopieren, gefordert ist vielmehr das Entdecken meines einzigartigen Rednerprofils.
- Zu meiner Botschaft: Beim Geschichtenerzählen haben wir es gesehen und gespürt: Manchmal sind es die ganz kleinen Bewegungen zum rechten Zeitpunkt, die den besonderen Eindruck machen. Das kann eine Schulter sein, die sich kaum merklich hebt, um dann fallengelassen zu werden. Oder ein Schritt auf das Publikum zu, im richtigen Moment.
Dieser Weg zu einer gesunden Körpersprache verlangt von mir zuerst eine Reise zu mir selbst. Das ist gleichzeitig herausfordernd und befreiend, weil es mir erlaubt, den Zwang des Imitierens fallenzulassen. Statt nachahmen zu müssen, darf ich mein Körpersein als Teil meines Lebens und Kommunizierens annehmen und mich in meiner Haut immer wohler fühlen.
vera meint
gefällt mir sehr gut! vor allem: „Wir haben ihn nicht, diesen Körper. Wir sind Körper. Ganze egal, wie geklärt oder verdreht meine Beziehung zu diesem Körper ist: Ich bin er.“ ich bin er. ich wünschte ich wär selbst drauf gekommen, dann könnt ich das jetzt überall verwenden. findet wieder mal ein solches seminar statt?
Cla Gleiser meint
Hallo Vera.
Vielen Dank für deinen Kommentar. Eine erneute Durchfürhung des Seminars könnten wir uns gut vorstellen, ist aber noch nicht geplant. Selbstverständlich werde ich auf verständlich.ch informieren, wenn frische Termine feststehen.
Herzliche Grüsse, Cla