Der Bindestrich ist ein nützlicher Helfer bei der Spracharbeit. Er erleichtert die Übersicht beim Lesen, wenn er die Bausteine langer Wortverbindungen sichtbar macht, und er hilft im Eifer des Schreibens, Kompliziertes zwar nicht elegant, dafür aber effektiv zu gigantischen Ein-Wort-Verbindungen zusammenzumontieren.
Doch er kann noch mehr! Das wird einem manchmal erst bewusst, wenn er fehlt, wie auf diesem Schild, das ich vor unserer örtlichen Metzgerei fotografiert habe.
Das „hausgemachte Blut“ beunruhigte mich, und ich wechselte sicherheitshalber die Strassenseite.
Der Bindestrich hat die Fähigkeit, unsere Sprache sparsamer und damit leichter zu machen. Bei Aufzählungen, die denselben sprachlichen Baustein enthalten, kann der Bindestrich diesen ersetzen. (In dieser Funktion wird er auch Ergänzungsstrich genannt.) Meine Sprechwerkzeuge danken es ihm darum, wenn sie auf dem Markt nicht „Regenmäntel, Wintermäntel, Strickmäntel, Steppmäntel und Bademäntel!“ anpreisen müssen (oder müssten, wenn ich Mantelmarktfahrer wäre). Stattdessen übernimmt der Bindestrich die Funktion eines Platzhalters für den bei allen identischen und erst am Schluss genannten 2. Wortbaustein Mantel.
Regen-, Winter-, Strick-, Stepp- und Bademäntel!
Das funktioniert sogar dann, wenn die zusammengesetzten Begriffe in ihrer kompletten Form ohne Bindestrich geschrieben werden. (Und der Wintermantel ist ja nun nicht so unübersichtlich, dass er nach einem Bindestrich verlangen würde. Winter-Mantel? Eher nicht.)
Und auch den ersten Teil eines zusammengesetzten Begriffs kann der Bindestrich in dieser Weise vertreten:
Regenmäntel, -hüte und -schirme (für „Regenmäntel, Regenhüte und Regenschirme“)
oder – um zum Thema „bedrohliche Metzgerei“ zurückzukehren:
Blutwürste und -konserven (für „Blutwürste und Blutkonserven“)
Und sogar eine Kombination schafft der Tausendsassa Bindestrich. Dazu benötigen wir aus drei Bausteinen zusammengesetzte Wörter:
Hausgemacht in unserer eigenen Blutwurst- und -konservenproduktion. (Für „Blutwurstproduktion und Blutkonservenproduktion“)
Widerlich? Klar, dafür aber einprägsam.
Und schliesslich: Der Bindestrich entschlackt auch die Verbindung von zusammengesetzten Hauptwörtern und Adjektiven (Artwörtern):
Blut-, Leber-, Hans- und andere hausgemachte Würste
Stefan Gisiger meint
Spannend, wie jede Sprache so ihre „iotas“ hat ….
Und danke für die Darlegung, dass der Einsatz von Binde-Strichen wohl überlegt sein will. Sonst werden daraus ja noch Lese-Binde-Stricke – 😉
Viktor meint
Mich freut’s, dass Du auch den Gedankenstrich richtig einsetzt. Es ärgert mich, wenn ich mich-sogar oft in Druckform-über einen Binde- statt einen Gedankenstrich stolpere. Du verstehst.
Cla Gleiser meint
Ich verstehe. 😉
Wobei ich sagen muss, dass ich es in Ordnung finde, (kurze) Bindestriche anstelle von (langen) Gedankenstrichen zu setzen, solange es konsequent geschieht.
Esthi meint
Gehört zwar eher am Rande zu diesem Thema, aber beschäftigt mich doch immer wieder: Binde- und andere Striche bei der Anrede oder Nennung von Personengruppen mit weiblichen und männlichen Personen.
Wie soll ich schreiben?
Liebe Kandidatinnen und Kandidaten
Liebe Kandidierende
Liebe KandidatInnen
Liebe Kandidat/innen
Nach meinem Wissenstand ist das „Binnen-I“ wieder out und mit Schrägstrich macht es auch keine Gattung mehr… Persönlich finde ich Version 1 am höflichsten, verwende aber in der Regel Version 2.
Oder:
Liebe Bezirkspräsidentinnen und Bezirskpräsidenten
Liebe Bezirkspräsidentinnen und -Präsidenten
Was meinst du dazu? Gibt es verbindliche Regeln? Ich habe den Eindruck, dass sich die angemessene Ausdrucksform laufend wieder ändert und ich immer hinterher hinke…
Cla Gleiser meint
Liebe Esthi
Bei diesen Fragen lasse ich in der Regel meinen Bauch entscheiden. Ich schaue auf den Kontext und überlege mir, wie viel Umständlichkeit tragbar ist. So wechsle ich zwischen „Kandidatinnen und Kandidaten“ und „Kanditaten“ und „Kandidierenden“ hin und her. Am Ende muss der Text flüssig lesbar und möglichst eindeutig sein, einschliesslich dieser Varianten. Auf Kombinationen mit / oder – oder „Binnen-I“ verzichte ich grundsätzlich.
Djonreba Nenbe Patient meint
Sehr gut..!