Lernen kann man überall etwas. Aber es gibt Situationen, in denen man etwas lernen sollte. Zum Beispiel Weiterbildungen. In einer solchen sass ich vor zwei Wochen – und lernte viel. Da war einerseits der überaus anregende Inhalt zum Thema „Wirkungsvoll unterrichten“. Daneben aber hatte ich auch die Gelegenheit, den Dozenten zu beobachten und mir einige Gedanken zu einer Frage zu machen, die mich seit einiger Zeit beschäftigt:
Wie gelingt es einem Redner, sich als Experte zu positionieren und gleichzeitig Nähe zum Publikum aufzubauen (anstelle der üblichen Experten-Distanz)?
Vor vielen Jahren hat ein Mentor mir den Satz auf den Weg gegeben (das klingt jetzt dramatischer, als es war, aber immerhin: Der Satz ist mir geblieben):
Brillanz schafft Distanz.
Und da ist etwas dran. Wer als Redner in erster Linie durch eine grossartige Performance beeindrucken will, wird sich von der Chance auf eine Begegnung mit dem Publikum und der Wirkung, die sich daraus ergibt, verabschieden müssen.
Umso schöner war es für mich, im Rahmen dieser Weiterbildung beobachten zu können:
Experte – aber nahe
Und wenn ich noch etwas näher an diese Lernsituation herantrete, dann beobachte ich:
Grosses Fachwissen – aber verständlich
Von den ersten Minuten an war mir klar: Dieser Mann hat zum Thema etwas zu sagen. Doch Begeisterung brach vollends durch, als ich hörte: Er scheut sich auch nicht, sein Wissen zugänglich zu machen, ganz und gar verständlich, auch für uns als Laien.
Gut vorbereitet – aber flexibel
Der Stoff war auf einige Schwerpunkte zugespitzt, die Veranstaltung auf klare Lernziele hin ausgerichtet. ABER: Es war Platz für Fragen aus der Praxis und für thematische Nebengeleise, die plötzlich relevant wurden. Da gab es kein Festklammern am Vorbereiteten.
Markanter Auftritt – aber aktivierend
Ein Experte soll und darf Experte sein. Und das Gefälle, dass diese Rolle in der Beziehung zum Publikum mit sich bringt, darf ruhig spürbar sein. Einfach nicht als Distanz. Unser Dozent nahm seine Position im Raum sehr bewusst ein. Auch in seiner Garderobe unterschied er sich von uns Teilnehmern. Und doch: Er öffnete „seinen Raum“, lud Teilnehmer ein, wirkliche Teilnehmer zu sein, aktivierte, motivierte.
Nahe – weil sicher
Ich bin mir sicher: Expertendistanz entsteht aus Unsicherheit. Auch ein Experte kann sich von seinem Publikum bedroht fühlen und sich dann (meist unbewusst) auf Spielchen einlassen, um seinen Status und damit Distanz zu markieren.
Ein sicherer Redner hat das nicht nötig. Er fühlt sich nicht vom Publikum bedroht, sondern sieht das Publikum als Partner auf einem Lernweg. Als Partner, dem man nahe sein darf.
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