Womit überzeugt mich ein Redner?
Mit Argumenten. Mit richtig guten, nachvollziehbaren und letztlich zwingenden Argumente. Womit denn sonst?
Wann entscheide ich, ob ich einem Redner zuhöre und ihm Vertrauen schenke?
In den ersten Minuten – vielleicht sogar Sekunden – seines Auftritts, während seiner ersten Sätze, Gesten, Blicke, Bewegungen im Raum. Und natürlich, nachdem ich mir ganz genau angesehen habe, was er so anhat.
Schlüssige Argumente auf der einen Seite. Auf der anderen der Redner, der mich und mein Bauchgefühl im ersten Moment ansprechen kann oder eben nicht.
Wie geht das zusammen?
Logik oder Bauchgefühl?
Wie kann ich überzeugen? – Diese Frage stand schon ganz am Anfang der rhetorischen Theorie, als es exakt darum ging, Werkzeuge dafür zu entwickeln, Menschen zu gewinnen.
Es überrascht nicht, dass die Antworten auf diese Frage alles andere als einheitlich ausfielen.
Lassen wir kurz zwei grosse Redner und Rhetoriker der Antike zu Wort kommen (komplett und beinahe unzulässig verkürzt, frei umformuliert, aber immerhin):
Aristoteles, der Grieche, 4. Jh. v. Chr.: „Alles entscheidend sind die sachlogischen Argumente. Emotionales rhetorisches Hantieren ist Beigemüse.“
Cicero, der Römer, 1. Jh. v. Chr.: „Menschen werden überzeugt, wenn wir ihre Emotionen anheizen. Deshalb ist das der wirkungsvollste Weg für einen Redner.“
Richtig ist natürlich …
Beides!
Trotz aller Vorbehalte des Aristoteles hat sich in der Rhetorik bald eine Art Dreifaltigkeit der so genannten Überzeugungsmittel etabliert. Überzeugt wird demnach auf folgenden Kanälen:
- Die sachliche Beweisführung (Fachbegriff nach Aristoteles: Logos)
- Die Selbstdarstellung des Redners, der ja glaubwürdig erscheinen will (Fachbegriff: Ethos)
- Das emotionale Aufwühlen der Zuhörer (Fachbegriff: Pathos)
Der zweite und dritte Punkt beziehen sich dabei auf die emotionale Ebene, der erste auf das, was wir alltäglich als „Argumentation“ betrachten würden. Hier ist der Kopf das Ziel, bei den ersten beiden der Bauch.
Der Schlüssel zur Überzeugung liegt in der perfekten Kombination dieser Register. Sie ist abhängig von der Sache, vom Redner und selbstverständlich auch von der individuellen Redesituation.
Was das konkret heisst?
Genau das werde ich in drei weiteren Artikeln diskutieren und zur Diskussion stellen. In einem pro Überzeugungsmittel.
Los geht’s nächste Woche mit der Selbstdarstellung des Redners.
[…] Bloggen zurück zum klassischen rhetorischen Setting und damit zurück zum Überzeugen auf allen Kanälen. Ich hatte ja versprochen, die Selbstdarstellung des Redners zu […]