Gänsehaut!
Das hier habe ich kürzlich gefunden:
Ennio Morricones Soundtrack zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ jagt mir Schauer den Rücken hoch und runter. Wunderbar!
Ja, das gefällt mir. Ich mag es, wenn meine Gefühle bewegt werden.
Gesucht: wohliges Schaudern
Ich glaube, ganz allgemein gilt: Menschen wollen emotional angesprochen werden. Es überrascht daher nicht, dass schon der alte Cicero das „Bewegen der Zuhörer“ als eine der Kernaufgaben des Redners definierte.
Wer Menschen nicht nur anreden, sondern tatsächlich ansprechen will, muss sie auch emotional bewegen.
Zwei Punkte möchte ich in diesem Zusammenhang heute in den Vordergrund stellen:
Die Gefühle des Redners übertragen sich nicht automatisch auf sein Publikum. Sie müssen gezielt gesteuert werden.
Das waren sie schon, die beiden Punkte. Sie sind eng miteinander verknüpft.
Geringes Ansteckungsrisiko
Manchmal geht ein Redner davon aus, dass seine Begeisterung, seine Empörung oder auch seine Erschütterung von solch überwältigender Kraft seien, dass im Zuhörer – quasi als emotionales Echo – das exakte Abbild dieser Erregung entsteht.
Dies ist jedoch höchst selten der Fall. Kein Redner sollte sich auf diesen Effekt verlassen.
Stattdessen ist das Bewegen der Emotionen ein fester Teil der Überzeugungsarbeit und damit auch Teil der Vorbereitung.
Die heisst nicht, dass der Redner seine eigenen Empfindungen unterdrücken oder verbergen muss. Im Gegenteil, er soll sie offenlegen. Nur genügt dieses Offenlegen eben nicht. Die Empfindungen müssen nachvollziehbar hergeleitet werden.
Ein begeisterter Redner spricht begeistert von dem, was ihn begeistert und erklärt, weshalb es ihn begeistert.
Ein empörter Redner spricht empört von dem, was ihn empört und erklärt, weshalb es ihn empört.
Ein erschütterter Redner spricht erschüttert von dem, was ihn erschüttert und erklärt, weshalb es ihn erschüttert.
Die Gretchenfrage der Rhetorik
Immer wieder höre ich in diesem Zusammenhang den berechtigten Einwand: Ist es nicht manipulativ, wenn wir die Gefühle der Zuhörer gezielt in Wallung versetzen?
Zugegeben, diese Gefahr besteht. Aber gerade hier ist es wichtig, das Dreigespann der Überzeugungsmittel als solches zu sehen: als Dreigespann eben.
- Selbstdarstellung des Redners
- Emotionales Aufwühlen der Zuhörer
- Sachlogische Argumentation
Die Gefühle der Zuhörer anzusprechen, ist eben nur eine Facette der Überzeugungsarbeit. Ist sie mit einer sauberen Sachargumentation verknüpft (dazu mehr im nächsten Artikel), ist das Risiko der Manipulation bereits stark reduziert. Vor allem aber ist es die Aufrichtigkeit des glaubwürdigen Redners, die dafür sorgt, dass die rhetorischen Werkzeuge nicht missbraucht werden. Und deshalb auch das Publikum nicht.
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