In zumuten steckt Mut. Da liegt der Schluss doch wahrlich nicht fern, dass der, dem etwas zugemutet wird, dass der also … Mut hat. Oder man mindestens davon ausgeht.
Aber nein, so ist es eben gerade nicht. Einmal mehr führt die deutsche Sprache uns an der Nase herum. Unglaublich, was einem Deutsch-Lernenden (und sind wir das nicht alle?) da zugemutet wird!
Wenn einer Mut zu haben scheint, dann wird ihm etwas zugetraut.
Zum Beispiel ein Fallschirmsprung. Oder Erfolg beim Vorstellungsgespräch.
Mut ist nicht einmal zwingend. Jedes Vorhandensein günstiger Voraussetzungen kann als Grundlage dafür dienen, jemandem etwas zuzutrauen. So kann man einer Sportlerin aufgrund ihrer guten Saisonleistungen einen neuen Weltrekord zutrauen. Oder dem Briefträger mit dem neuen Elektrotöff die rechtzeitige Zustellung des sehnsüchtig erwarteten Briefes. Oder Roland Emmerich einen weiteren schlechten Film (einfach weil er gezeigt hat, dass er’s kann).
Oder so:
Frau Schübeldrübel, mir ist bewusst, dass Sie noch nie ein Projekt dieser Grösse betreut haben. Aber Sie haben schon so oft Profil und Gespür bewiesen: Ich traue ihnen das zu.
Wenn mir jemand etwas zutraut, ist das daher eine schöne Erfahrung.
Ganz anders, wenn mir etwas zugemutet wird. Daran habe ich keine Freude.
Zugemutet wird einem Publikum ein schlecht vorbereitetes Referat. Oder dem Gast die Suppe von vorgestern. Mit Mutig-Sein hat das vorerst einmal gar nichts zu tun. (Es sei denn, der Gast isst die Suppe, worauf man dann wieder reagieren könnte mit: „Donnerwetter, soviel Mut hätte ich dir gar nicht zugetraut!“)
Diese Suppe ist widerlich! Und das Referat auch! Unglaublich, was einem in diesem Spa zugemutet wird!
Zumuten gibt es auch als Nomen (Hauptwort), das dann in emotionalen Extremsituationen auch einmal ohne Begleitung auskommt:
Eine Zumutung!
Herrlich explosiv. Und so kurz.
Ich fasse zusammen:
„Herr Ober!“
„Sie wünschen?“
„Diese Suppe ist viel zu scharf. Eine Zumutung!“
„In unserem Haus wird dem Gast halt noch etwas zugetraut.“
Peter meint
Ich dachte, der Unterschied liegt darin, dass ich beim „ZuTrauen“ dem anderen die Entscheidung überlasse, ob er etwas unternimmt, während die ZuMutung darin besteht, dass ich ihn vor vollendete Tatsachen stelle. Im einen Fall stelle ich ihm das Tabscofläschchen neben die Suppe, im anderen schütte ich den Inhalt gleich selbst hinein…